Advent mit Euphelia – 18. Tür
Eigentlich hatte Euphelia heute mit einem sehr ruhigen Tag gerechnet. Sie hatte sogar eine genaue Vorstellung, worüber sie nachdenken wollte.
Immer ist etwas los im Wohnzimmer, doch heute bleibt das Licht aus. Fast alle guten Geister, die sonst die Gäste verwöhnen, können heute ihre eigenen Wünsche erfüllen. Der Tag ist wie gemacht, um mit den Gedanken in das neue Jahr zu reisen, um sich Bilder von den nächsten Veranstaltungen zu malen oder zu schreiben.
Doch Euphelia hat ihre Pläne ohne die Hausherren gemacht. So schnell kann sie gar nicht „Guten Morgen“ sagen, wie sie in ihre Reisekiste eingepackt und ins Auto gelegt wird. Es geht nach Rostock, soviel kann sie verstehen aus den Gesprächen vorn in der ersten Reihe. Sie liegt auf der Rückbank und döst in ihrer Kiste vor sich hin.
Später erhascht Euphelia nur einen ganz kurzen Blick auf ein Schiff, in ihrer Kiste landet sie in der Tasche und wird tatsächlich quer durch die Stadt und über den Weihnachtsmarkt getragen. Sie weiß inzwischen, daß sie einen Casting Termin hat vor der Bude der Erzgebirger Adventsfiguren. Anscheinend wartet dort ein neuer Freund, der mit in das Haus einziehen soll.
Doch man glaubt nicht, was dann passiert. Derjenigen, die die Tasche trägt, in der Euphelia auf ihren großen Auftritt wartet, dieser Dame wird angeboten, auf dem Weg eine Buchhandlung zu besuchen.
Das ist mein Ende, weiß Euphelia sofort. Und genau so kommt es wirklich. Nein, nicht genau so, sondern noch viel schlimmer. Denn auf dem Weg liegt auch noch eine zweite Buchhandlung. Was ist bloß mit dem Hausherren los? Warum schreitet er nicht ein?
Hallo!, versucht es Euphelia ganz zaghaft, darf ich vielleicht auch mal sehen, was hier so in den Regalen steht?
Was für eine seltene Gelegenheit für Euphelia, auf Reisen zu sein und auch noch in einem Laden, wo so viele Bücher stehen. Warum hört mich keiner?, versucht sie es erneut.
Und nun mal ganz ehrlich, es ist kaum zu glauben, was jetzt geschieht: Sie haben Euphelia vergessen – alle beide. Es gibt kein Casting mehr, es gibt kein Blick raus aus der Tasche für Euphelia. Was sagt man dazu? Und nur wegen der Aufregung, durch eine Buchhandlung zu bummeln! Das darf doch nicht wahr sein! Naja, um bei der Wahrheit zu bleiben – auch ein bißchen wegen der anschließenden Kartoffelpuffer.
Einzig der Bücherschatz, den Euphelia zu Hause genießen kann, bringt sie wieder zum Lächeln. Nun kann sie wirklich ihre Vorstellungen vom nächsten Jahr gleich an Ort und Stelle schreiben, denn diesen Kalender liebt sie schon seit vielen Jahren und in jedem Jahr ist er ein wahrhaft guter Begleiter für alle Vorhaben, für alle Zweifel und Stärken, für alle Verrücktheiten. Und in diesem Jahr lautet der Titel:
Paulo Coelho
Verborgene Schätze
Buch-Kalender 2020
Vielleicht können nun viele Gäste gespannt sein, was Euphelia in den nächsten Tagen in dieses zauberhafte, fröhliche, farbenfrohe Buch für das kommende Jahr eintragen wird.
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